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Stichwort English Beschreibung
Widerruf von Immobiliendarlehen revocation/cancellation of real estate loans Ältere Immobilienfinanzierungen weisen deutlich höhere Zinssätze auf, als aktuell üblich sind. Nun besteht für Verbraucherkreditverträge ein 14-tägiges Widerrufsrecht, für das der Gesetzgeber den Kreditgebern Musterformulierungen vorgegeben hat. Aufgrund von Gesetzesänderungen werden diese Texte jeweils im Abstand einiger Jahre angepasst.

In Kreditverträgen der Jahre 2002 bis 2010 sind von den Geldinstituten sehr häufig Widerrufsbelehrungen benutzt worden, die nicht rechtswirksam waren. Dies hat seinen Grund zum Teil in zu großen Abweichungen von den gesetzlichen Mustern, zum Teil in widersprüchlichen oder missverständlichen Formulierungen, der Verwendung veralteter Textbausteine oder dem Verweis auf veraltete Rechtsvorschriften. Folge ist, dass bei derartigen Verträgen die 14tägige Widerrufsfrist gar nicht erst zu laufen begonnen hat. Nach bisherigem Rechtsstand konnten solche Verträge zeitlich unbegrenzt widerrufen werden. Allerdings sind nicht alle Geldinstitute bereit, dies ohne ein gerichtliches Vorgehen zu akzeptieren. Die Wirksamkeit der entsprechenden Vertragsklausel sollte daher durch einen Rechtsanwalt geprüft werden.

Die Argumentation des Kunden mit dem unbegrenzten Widerrufsrecht wird auch als der „Widerrufsjoker“ bezeichnet. Wird dieser erfolgreich ausgespielt, kann der Vertrag widerrufen werden. Das bedeutet: Die Darlehenssumme ist innerhalb von 30 Tagen zurückzuzahlen, das Geldinstitut muss ebenfalls alle erhaltenen Leistungen zurückerstatten (allerdings unter Abzug der Zinsen für die reine Überlassung des Darlehensbetrages). Für den Kreditnehmer ergibt sich so die Möglichkeit, mit einem anderen Kreditgeber einen neuen Darlehensvertrag zu einem deutlich günstigeren Zinssatz abzuschließen. Eine Vorfälligkeitsentschädigung fällt beim Widerruf grundsätzlich nicht an. Kreditnehmer sollten allerdings unbedingt vor dem Widerruf sicherstellen, dass ein neuer Kreditgeber bereit steht – schon wegen der 30tägigen Rückzahlungsfrist.

Bis zum 21. März 2016 war die Europäische Verbraucherkredit-Richtlinie in deutsches Recht umzusetzen. Im Zuge der ansonsten eher verbraucherfreundlichen Gesetzesänderungen wurde die unbegrenzte Widerrufsmöglichkeit für Altkredite gestrichen. Am 21. Juni 2016 endete damit das "ewige Widerrufsrecht" für Immobiliendarlehen, die zwischen 2002 und 2010 vereinbart wurden.

Nach Ansicht vieler Juristen können Immobiliendarlehen, die nach dem 10. Juni 2010 abgeschlossen wurden, weiterhin unbegrenzt widerrufen werden. Es muss jedoch damit gerechnet werden, dass die Geldinstitute dies nicht ohne gerichtliche Klärung hinnehmen.

Bei Immobilien-Darlehensverträgen, die seit dem 21. März 2016 abgeschlossen wurden, gibt es ein Widerrufsrecht für 14 Tage. Bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung kann es sich auf höchstens ein Jahr und 14 Tage verlängern (§ 356b Abs. 2 BGB).